Smartphone-Überwachung: Standortdaten richtig schützen
Bewegungs- oder Standortdaten trägt heute jeder Smartphone-Nutzer quasi in der Hosentasche mit sich: Unter dem Begriff fasst man all jene Informationen zum Lokalisieren eines Nutzers zusammen, die beim Nutzen des Mobiltelefons anfallen. Nachdem wir den Begriff der Standortdaten genauer definiert haben, zeigen wir Ihnen auf, wer wann welche Bewegungsdaten nutzt und wie Sie diese Datenerhebung einschränken können.
Was sind Standort- und Bewegungsdaten?
Informationen zum Lokalisieren eines Nutzers, die durch das Verwenden von Mobiltelefonen anfallen, werden als Standortdaten zusammengefasst. Sie zählen in aller Regel zu den personenbezogenen Daten, da die Bewegungsdaten zusammengenommen, etwa als Bewegungsprofil – selbst mit Anonymisierung – zu einer Identifikation von bestimmten Personen führen können.
Smartphones erlauben das sehr genaue Bestimmen eines Nutzerstandorts, wobei neben den Mobilfunknetzen auch Bluetooth, WLAN sowie GPS verwendet werden. GPS bietet dabei eine große Genauigkeit, während die anderen Technologien ein ungefähres Orten erlauben. Doch nicht nur moderne Smartphones und Tablets, sondern auch die älteren Handy-Modelle generieren Standortdaten. Denn zum Einwählen ins Mobilfunknetz verbindet sich ein Handy mit einer Funkzelle, womit zwar nicht der genaue Standort bestimmt werden kann, jedoch lässt sich bestimmen, in welcher Funkzelle sich das Handy befindet.
Wozu sind Standortdaten nützlich?
Das wohl bekannteste Nutzungsbeispiel für Standortdaten ist die Navigation. Auch andere Angebote, die der Orientierung dienen, nutzen standortbezogene Dienste, also Location-based Services (LBS). So lassen sich beispielsweise POIs („Points of interest“) finden, nahegelegene Restaurants oder Tankstellen, beispielsweise. Auch für ortsbezogene Werbeanzeigen werden Standortdaten verwendet: So können gezielt Menschen angesprochen werden, die sich in der Nähe eines für sie interessanten Produkts befinden.
Werden Standort- und Bewegungsdaten mittel- bis langfristig gesammelt und ausgewertet, so wird das Ziel verfolgt, Regelmäßigkeiten beim Nutzer zu erkennen. So gelingt es, passende Vorschläge zu generieren und beispielsweise Werbung konkret auf die Interessen des Einzelnen zuzuschneiden.
Hierbei stellt sich jedoch die ketzerische Frage, warum Smartphone-Nutzer beworben werden müssen. Auch wenn Nutzer einen kostenpflichtigen Mobilfunktarif haben, nutzen Sie die gängigen kostenlosen Dienste von Apple, Facebook, Google & Co. Die Nutzung dieser Dienste ist zwar kostenlos aber nicht „umsonst“ – wir zahlen schließlich alle mit unseren Daten.
Was kann an Standortdaten problematisch sein?
Wie Sie sehen, sind Standortdaten einerseits praktisch: in zahlreichen Situationen verhelfen sie Ihnen zu konkreten Vorschlägen, die zu Ihren Interessen passen. Das ist äußerst bequem. Andererseits gibt es jedoch Aspekte, die die Nutzung von Standortdaten problematisch werden lassen:
So lassen sich Standortdaten beispielsweise fürs Überwachen einsetzen. Werden Informationen zu Ihrer Position permanent erhoben, können Sie lückenlos lokalisiert werden. Hier bestehen Gefahren nicht unbedingt von staatlicher Stelle, sondern vor allem von Großkonzernen wie Facebook, Google oder auch Apple. Diese Anbieter sammeln Unmengen von Geodaten über ihre Nutzer.
Wenngleich diese Daten zum Auswerten anonymisiert werden, erlauben sie Rückschlüsse auf den jeweiligen Nutzer. Denn mithilfe der Standortdaten lassen sich Bewegungsprofile erstellen, die den Alltag des Nutzers spiegeln. Wurden Orte von diesem Nutzer häufiger aufgesucht, können diese identifiziert werden. Lassen sich hier Regelmäßigkeiten feststellen, lassen sich Aufenthalte zu voraussagbaren, künftigen Zeitpunkten extrapolieren.
Android & iOS: Wer nutzt wann Bewegungsdaten?
Viele Apps nutzen Standortdaten wie selbstverständlich, doch auch die Betriebssysteme erlauben sich Zugriffe. Konkret:
Android-Smartphones & Google
Nutzen Sie ein Smartphone mit Android als Betriebssystem, senden Sie Ihre Standortdaten automatisiert zu Google. Arbeitet Ihr Smartphone mit einem anderen Betriebssystem, Sie nutzen jedoch Google Maps zur Navigation oder die Suchmaschine von Google, werden Ihre Daten ebenfalls an Google gesendet.
Sind Sie mit Ihrem Google-Account angemeldet, haben Sie die Möglichkeit, unter „Mein Konto“ auf „Daten und Personalisierung“ zum „Standortverlauf“ zu gelangen. Hier können Sie den Standortverlauf ein- oder ausschalten. Sie können die Option „automatisch löschen“ aktivieren, sodass alle Aktivitäten, die älter als drei Monate sind, gelöscht werden. Möchten Sie Ihre bisherigen Aktivitäten einsehen, wählen Sie „Aktivitäten verwalten“ – Sie werden staunen, wo Sie schon überall waren!
Um Ihre Kundendaten bei Google runterzuladen, besuchen Sie takeout.google.com.
Apple iPhone und Apple Watch
Auch Apple sammelt Standortdaten – wo und wofür, darüber informiert der Konzern auf seiner Website. Apple schreibt, dass die Informationen, die Ortungsdienste sammeln, dazu dienen, „eine Vielzahl standortabhängiger Dienste bereitzustellen. Eine App kann beispielsweise anhand deiner Standortdaten und einer ortsabhängigen Suchanfrage Cafés oder Theater in deiner Nähe finden. Darüber hinaus kann das Gerät die Zeitzone anhand deines aktuellen Standorts automatisch einstellen.“
Auch wenn iPhone-Nutzer einen Notruf tätigen, werden Standortdaten an die Notrufdienste übertragen – die Ortung wird in Falle eines Notrufs selbstständig eingeschaltet. Wo unterstützt, werden zusätzlich mittels Datendienste für den erweiterten Notruf weitere ortsbezogene Daten zur Verfügung gestellt. Weitere Services, bei denen auf die Standortdaten zugegriffen wird:
- Routen und Verkehr: Auch Apple schickt bei aktiviertem Ortungsdienst Informationen an die Server: Neben den GPS-Daten können das Reisegeschwindigkeit und Luftdruck sein.
- Wichtige Orte: Neben dem iPhone merken sich auch weitere mit iCloud verbundene Geräte, welche Orte Sie kürzlich besucht haben. Konkret wird erfasst, wann und wie oft Sie den Ort besucht haben, „um zu lernen, welche Orte für dich wichtig sind“, wie Apple begründet. Diese Daten dienen der Bereitstellung von personalisierten Diensten wie Routenvorschlägen.
- HomeKit: Standortdaten des iPhones werden auch genutzt, um Zubehör zu steuern. Als Beispiel nennt Apple das automatisierte Einschalten des Lichts, wenn der Nutzer zuhause ankommt.
- Apple Pay-Händler-ID: Zur Verwendung der physischen Apple Card nutzt das iPhone den Standort, um Händlerangaben machen zu können.
Standortdaten-Nutzung kann kritisch gesehen werden
Die verschiedenen Anbieter sammeln auf verschiedene Weise unfassbar viele Daten – mitunter auch über den Wohnort, über zu besuchende oder aufgesuchte Ärzte (etwa durch die Google-Suche nach der Telefonnummer des Arztes), über etwaige Besuchstermine, über den Freundes- und Bekanntenkreis, den Bewegungsradius und so weiter. Wir haben Apps für alles Mögliche und Unmögliche auf dem Smartphone – und diese Apps zeigen sich unfassbar kreativ darin, unsere Daten zu sammeln, zu verarbeiten, zu verbinden und insgesamt zur Profilbildung zu nutzen.
Da sorgte der Fall des norwegischen Journalisten Martin Gundersen für Aufsehen: Gundersen arbeitet für die norwegische Rundfunkanstalt NRK und war Anfang vorigen Jahres Teil eines Teams, durch das ein Datenskandal aufgedeckt werden konnte. Wie Gundersen und Team dokumentiert haben, wurden über 8.300 Mobiltelefone während Klinik- oder Frauenhausaufenthalten von einem britischen Unternehmen geortet. Es kostete Gundersen und Team umgerechnet gerade nur 3.300 Euro, um Zugang zu den Bewegungsdaten von zehntausenden Norwegern zu erhalten. Die Bewegungen dieser zahlreichen Menschen ließ sich zum Teil bis auf die Minute zurückverfolgen.
Standortdaten: Datenerhebungen einschränken
Kennt man diese Faktenlage, bekommt man schnell das dringende Bedürfnis, sämtliche Datenerhebungen einzuschränken. In aller Regel funktioniert das über die Datenschutzeinstellungen:
Apple: Standortdaten deaktivieren
Gehen Sie an Ihrem iPhone in die Einstellungen und öffnen Sie dort den Menüpunkt Datenschutz. Klicken Sie auf „Ortungsdienste“, können Sie wahlweise global die Ortungsdienste deaktivieren oder den Status für jede App separat bestimmen.
Ortungsdienste bei Samsung & Huawei deaktivieren
Per Schnelleinstellungsleiste können Sie die Ortungsdienste bei Samsung deaktivieren: Ziehen Sie die Schnelleinstellungsleiste mit zwei Fingern nach unten, tippen Sie dann auf das Standort-Symbol und deaktivieren die Einstellung so. Sie können auch die App-Berechtigungen dahingehend ändern, dass Sie nicht mehr per GPS verfolgt werden: Gehen Sie in den Einstellungen auf Apps, klicken Sie dann die gewünschte App an. Ein Tippen auf Berechtigungen führt zum Standort, den Sie hier deaktivieren können.
Bei Huawei-Geräten öffnen Sie die Einstellungen, tippen dort auf Sicherheit & Datenschutz, weiter auf Standortzugriff. Hier können Sie global aktivieren oder deaktivieren. Möchten Sie Ortungsdienste bei Ihrem Huawei-Gerät aktivieren, können Sie wählen, ob die Ortung über WLAN und Mobilnetzwerke, ausschließlich via GPS oder mit GPS, WLAN und Mobilnetzwerken geschieht.
Grundsätzliches zum Anonymisieren von Bewegungsdaten
Es kann sinnvoll sein, Bewegungsdaten einzusetzen – etwa wenn Sie sich von A nach B navigieren lassen möchten. Wie oft Sie bei Ihrem Lieblingsbäcker einkaufen, ist hingegen eine Information, die nur Sie etwas angeht. Deshalb gilt: Aktivieren Sie die Ortung dann, wenn Sie sie benötigen, und deaktivieren Sie das Nutzen von Bewegungsdaten für unwichtige Apps.
Nutzen Sie beim Surfen grundsätzlich VPN, um Ihren tatsächlichen Standort verschleiern zu können, wenn dies erforderlich ist. Wählen Sie dabei einen leistungsfähigen Anbieter, der den Datendurchsatz nicht drosselt. Verzichten Sie zudem möglichst auf die personalisierte Suche mit Suchmaschinen. Ideal wäre eine datenschutzfreundliche Suche. Setzen Sie jedoch auf die Standard-Suche mit Google oder Bing, deaktivieren Sie die personalisierte Suche. Datenschutzfreundlichere Suchmaschinen sind z.B. DuckDuckGo und Startpage.
Standortdaten: Datenerhebung und Weitergabe oft unbekannt
Es ist schon erschreckend: Viele der kleinen Helferlein auf dem Smartphone spionieren den Nutzer aus und verarbeiten Standortdaten. Nutzer erfreuen sich an personalisierten Inhalten, sie machen die Verwendung in nahezu allen Bereichen bequemer. Befasst man sich jedoch intensiver mit den Standortdaten, wird schnell klar, dass das Bilden von Bewegungsprofilen keine Illusion ist, sondern von vielen Anbietern einfach umgesetzt wird. Google, Apple, Facebook & Co.: Sie alle kennen uns, sie wissen, wo wir uns aufhalten und was wir dort tun. Das sollte zu denken geben.
Zumal die Datenschutzerklärungen eben dieser Konzerne vollmundig versprechen, wofür diese Personalisierung alles gut ist – der kaum fassbare Begriff „Serviceverbesserung“ fällt hier und dort. Doch richtige Erklärungen darüber, wo die gesammelten Daten eigentlich landen, gibt niemand ab. Deshalb: Lassen Sie Umsicht und Vorsicht walten. Halten Sie Ortungsdienste grundsätzlich deaktiviert und aktivieren Sie sie bewusst, wenn Sie sie benötigen.
Gender-Disclaimer:
Zur besseren Lesbarkeit und zur Vermeidung von Gender-Sternchen verwenden wir das generische Maskulinum für Substantive und meinen damit alle natürlichen Personen unabhängig ihres Geschlechts.
One Reply to “Smartphone-Überwachung: Standortdaten richtig schützen”
Immer wieder unheimlich, wie man von Google gefragt wird: „Sie waren letztens hier: XXXX. Bitte geben Sie eine Bewertung ab.“ Und dabei hat man das Lokal weder gegoogelt, noch Maps benutzt. Einfach nur spazieren gewesen und spontan reingesetzt. Das Tracking nimmt langsam Ausmaße an….